Fast jeder halbwegs intelligente Mensch weiß, daß nach dem 2.Weltkrieg sich die Grenzen der Länder änderten und eine bis dahin nicht bekannte Völkerwanderung einsetzte. Millionen befanden sich auf dem Weg in ihre neue Heimat. Die bisherigen Einwohner Masurens flüchteten entweder aus diesen Gebieten aus Angst vor Rache und Raub vor der Roten Armee oder wurden kurz nach dem Krieg ausgesiedelt oder verließen das Land später, enttäuscht von der kommunistischen Wirklichkeit. Allgemein denkt man, dass die polnische Bevölkerung aus den verlorenen Ostgebieten Polens sich in diesen Gebieten, dem Masurenland, ansiedelte.Inwieweit entspricht diese These der Wahrheit?
Die in ehemaligem Ostpreußen am deutlichsten sichtbare Veränderung im Vergleich zu der Vorkriegssituation, ist der fast vollständige Bevölkerungsaustausch. Zwar wechselte diese Region ihre Staatsangehörigkeit: Durch den Anschluss des nördlichen Teiles Ostpreußens an die Sowjetunion und den südlichen Teil an Polen.Aber dennoch war dieses Ereignis aus der Sicht der Jahrhundertsperspektive keine große Ausnahme. Wenn wir als Beispiel die Geschichte von Ermland nehmen, sehen wir, dass diese Region erst zum Ordensstaat, dann zu Polen, dann zu Preußen und bis 1945 zu Deutschland gehörte. Trotz dieser politischen Veränderungen, blieb das private Leben der Bürger teilweise unverändert und hatte seinen eigenen unabhängigen Rhythmus. Herrschende oder politische Systeme wechselten, aber davon völlig unabhängig ,heirateten die Menschen, brachten Kinder auf die Welt, führten ihre Geschäfte. Wer 1910 in der ostslowakischen Stadt Koszyce geboren wurde,lebte in der österreichisch-ungarischen Monarchie als Untertan des Kaisers Franz-Josef.Wenige Jahre später wurde er Bürger der tschechoslowakischen Republik, dann der Slowakei und nach dem II. Weltkrieg der kommunistischen Tschechoslowakei und letztendlich lebte er wieder als Bürger einer selbständigen Slowakei.
Die masurische Oma lebt noch
Masuren und Ermland (sowie Oberschlesien) unterschieden sich deutlich von anderen ethnisch einheitlichen Ostgebieten Deutschlands. Sie waren überwiegend von polnischstämmiger Bevölkerung bewohnt. Trotz schneller Germanisierung des bedeutenden Teiles der Masuren und Ermländer, lebten noch viele Mitglieder dieser Nationalgruppen, die sich mit Deutschtum gar nicht oder nicht voll identifizierten. Sie wurden durch die polnische Verwaltung als so genannte“ Autochthonen“ qualifiziert. Dank dieser Entscheidung, konnten sie in ihrer Heimat bleiben. Nur hier und in Oberschlesien hat man einen Teil der Bevölkerung nicht ausgesiedelt. Das war in Niederschlesien oder in Pommern überhaupt nicht möglich, weil die ganze Population dort deutsch war und aus diesem Grund fast vollständig ausgesiedelt wurde. So wie auch die Bevölkerung aus den nördlichen Landkreisen von Ermland und Masuren, die nur aus den Deutschstämmigen bestand. Nur noch einige Jahre nach dem Krieg durften oder mussten hier nur die Deutschen bleiben, die von der Ausbildung her in den wiederaufgebauten Industriebetrieben als Fachkräfte nützlich sein konnten.
Masuren und Ermländer waren nur ein kleiner Bestandteil der Nachkriegspopulation in dieser Region. Hinzu kam noch ein Massenexodus dieser Bevölkerung in die BRD in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre. Nachdem der Stalinismus 1956 in Polen beendet war, lockerten sich für kurze Zeit die Auswanderungsgesetze. Das nutzten hunderttausende Bürger des „realsozialistischen Paradies“ aus.
Diese Bewegung hatte familiäre sowie auch finanzielle Gründe. Der Unterschied im Lebensstandard zwischen dem kommunistischen Polen und Westdeutschland, das damals einen starken wirtschaftlichen Aufschwung erlebte, war riesig. Noch immer litten die Menschen sehr unter den 1945 zu Unrecht erlittenen Raubüberfällen , Vergewaltigungen und Morden . Schon in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre waren nur noch 3% der Gesamtbevölkerung Autochthonen sowie ihre Nachkommen. Masuren leben heute über die ganze Region verstreut. Den größten Anteil der masurischen Bevölkerung hat heute die Gemeinde Sorkwity (Sorquitten), die auf der Strecke zwischen Mrągowo (Sensburg) und Olsztyn (Allenstein) liegt. In Sorkwity darf man eine kleine schön gelegene evangelische Kirche nicht verpassen. Nicht weit weg von hier liegt das Dorf Pustniki, das zu 40% von masurischen oder masurischstämmigen Einwohnern bewohnt ist.
Wir kommen aus „Kresy“
Eine weitere ethnische Gruppe, die heute in Masuren wohnt, ist aus den so genannten „Kresy“ gekommen. Als „Kresy“ bezeichnete man in polnischer Sprache die Ostgebiete Polens, die jahrelang Grenzland waren.“ Kreis“ heißt ins Polnische übersetzt „ein Rand“ oder“ Ende“. Anders gesagt, könnte man sagen, daß Kresy am östlichen Ende von Polen lagen. Mit der Grenzverschiebung bekam dieser Name auch eine andere territoriale Bedeutung. Noch im 18. Jahrhundert bezeichnete man die heutige Zentral- und Ostukraine sowie Ostweißrussland als polnische Kresy. Nach dem 2. Weltkrieg bekamen alle an die Sowjetunion abgetretenen Gebiete hinter dem Fluss Bug den Namen Kresy, die schon nach dem Ribbentrop-Molotow Pakt von 1939 und nach dem Einmarsch der Roten Armee am 17. September an die Sowjetunion angeschlossen waren.
Die Nachkriegskonferenz in Potsdam hat dies nochmals bekräftigt(Es kam noch zu kleinen Grenzkorrekturen zwischen Polen und Sowjetunion, aber von keiner großen Bedeutung). Polen bekam als Entschädigung für die verlorenen Ostgebiete ein Teil von Deutschland östlich der Oder-Neiße Linie. In natürlicher Folge dieser Entscheidung, siedelte man die polnische Bevölkerung aus Ostgalizien, (Westukraine mit der Stadt Lemberg) aus Westweißrussland, und aus „Wileńszczyzna“, dem östlichen Teil von heutigem Litauen und nördlich-westlichen Teil von Westweißrussland (breite Umgebung der Stadt Wilna) an. Nicht alle hatten aber dieses Glück, weil über 2 Millionen Polen aus diesen obengenannten Ostgebieten von Stalin in den Jahren 1939-1945 ermordet oder nach Sibirien verschleppt wurden. Viele bekamen auch keine Erlaubnis, die Sowjetunion zu verlassen oder wurden in Arbeitslagern bis 1956 gefangengehalten.
Nach Masuren kamen vor allem die Aussiedler, die aus Wileńszczyzna vertrieben wurden.Dort ähnelt die Landschaft sehr der masurischen. Viele Seen, Wälder und kleine Hügel, die an die Heimat erinnerten, halfen bestimmt bei der schnelleren Anpassung an die neue Situation. Diese Menschen waren sehr patriotisch, weil sie aus einem ethnisch gemischten Gebiet stammten. Auf der anderen Seite kamen sie aus einer Region, die im Vergleich zu Zentralpolen oder Masuren zurückgeblieben war. Ganz abgesehen davon, machten sie auf ihre Nachbarn in der neuen Heimat eher einen positiven Eindruck, als gastfreundliche, hilfsbereite Menschen. Ihr östlicher, eigenartiger Dialekt brachte alle zum Lachen, erweckte aber gleichzeitig Sympathiegefühle. Bekannt waren sie auch durch ihre ausgezeichnete schmackhafte Küche. Sie besiedelten das Land nicht gleichmäßig.Viele von ihnen leben in in Giżycko (Lötzen), Korsze (Korschen) und in Lidzbark Warmiński (Heilsberg). Seit dem Anfang der neunziger Jahre organisiert man in Mrągowo (Sensburg) ein Festival der “ östlichen Grenzland- Kultur“ (Festiwal Kultury Kresowej). Es existieren hier aber keine politischen Organisationen wie Bund der Vertriebenen in Deutschland.
Und was machen hier die Ukrainer?
Das ist die Frage, die sich die erstaunten Touristen stellen, wenn sie in Kętrzyn (Rastenburg) oder in Olsztyn (Allenstein) griechisch-katholische Kirchen sehen. Während des II. Weltkrieges -und direkt nach dem Krieg -kam es zu den polnisch-ukrainischen Kämpfen und gegenseitigen Massenmorden in der Westukraine sowie in südlich-östlichen Landkreisen des Nachkriegspolens. Auslöst wurden diese Auseinandersetzungen durch einen Befehl der ukrainischen Untergrundarmee im Jahre 1943. Hintergrund war die Bekämpfung sowie Ausrottung jeglichen Polentums auf ukrainischem Boden.
Nachdem die Ukrainer von UPA (Ukrainische Aufstandsarmee) den polnischen General Karol Świerczewski 1947 töteten, entschied die kommunistische Regierung, die gesamte orthodoxe und griechisch-katholische Bevölkerung aus den südlich-östlichen Grenzgebieten Polens auszusiedeln. Man wollte damit den kämpfenden Ukrainern die Unterstützung der eigenen Landsleute entziehen. Diese Operation trug den Namen“Akcja Wisła“ (Aktion Weichsel). Egal war, ob jemand früher in UPA- Einheiten kämpfte, sie unterstützte oder gar nichts damit zu tun hatte. Die Menschen wurden nach Religionszugehörigkeit zur Verantwortung gezogen und ausgesiedelt. Ihre Dörfer wurden vernichtet. Sie wurden im nördlichen Teil von Ermland und Masuren angesiedelt. Um zu verhindern , dasßs mehrere von ihnen auf einer zusammenhängenden Fläche wohnten, wurden sie längs der ganzen russisch-polnischen Grenze in ehemaligen Ostpressen verstreut. Man findet sie bis heute vor allem in Bartoszyce (Bartenstein), Górowo Iławieckie (Landsberg), Braniewo (Braunsberg), Kętrzyn (Rastenburg), Węgorzewo (Angerburg) und Giżycko (Lötzen). In jedem von den oben genannten Landkreisen leben nicht mehr als einige Prozente der Ukrainer. Insgesamt gaben bei der letzten Volkszählung 31 000 Personen „ukrainisch“ als ihre Nationalangehörigkeit an.
Von den anderen Bevölkerungsgruppen haben sie sich hier mit ihrem Glauben und der Sprache unterschieden. Kommunistische Propaganda hat sie als Banditen dargestellt. Wegen der grausamen Geschichten aus der Westukraine und Süd-Ost-Polen hatten sie keinen besonders guten Ruf bei der restlichen Bevölkerung. Das führte zu Feindschaft und Isolierung dieser Gruppe in der Anfangsperiode. Mit der Zeit veränderte sich diese Situation. Dank der guten und fleißigen Arbeit erreichten sie einen Zivilisationsaufstieg und die Unterschiede verschwanden allmählich. Trotz der weitgehenden
Polonisierung, kam es nach der Wende zu einer Wiederbelebung der ukrainischen Kultur in diesen Gebieten.
Der Gast kommt zum Besuch
Nach dem II.Weltkrieg besiedelten auch die Einwohner von Kernpolen das Masurenland. Vor allem Bewohner von Kurpie, der an Masuren im Süden grenzenden Region, die zu Masovien gehört und von Podlasie, der Region, die vom Osten das Masurenland umarmt. Diese Polen waren die einzigen,die sich hier freiwillig niedergelassen haben, um ihren Lebensstandart zu verbessern.
Einige kannten diese Gebiete schon durch frühere Saisonarbeit vor dem Krieg oder durch die Zwangsarbeit während des Krieges.. Ein Teil von ihnen kam direkt nach dem Krieg hierher, um sich die verlassenen Häuser anzueignen.
Als Grund für dieses Vorgehen nannten sie oft Rache für alle Schäden und Kriegsverbrechen,die die Deutschen auf dem polnischen Boden begangen haben.
Natürlich gab es auch Menschen , die diese Motive vorschoben , sich auf einfache Art fremdes Eigentum aneigneten ,um schnell reich zu werden. Natürlich führte das unter anderem zu vielen Konflikten zwischen den im Land verbliebenen Masuren und Kurpien.
Hier sehen wir die Ironie des Schicksaals – plötzlich treffen zwei Gruppen aufeinander und sind feindlich gegenüber eingestellt, obwohl sie vor 400 – 500 Jahren die gleichen Vorfahren hatten, weil die Masuren damals genau aus diesen Gebieten kamen, aus denen nach 1945 die Kurpien kamen. Sie betrachteten die Masuren dagegen als Vertreter des feindlichen Volkes, die eine andere Sprache sprechen und evangelisch sind. Es gab zu dieser Zeit wenige Masuren, die polnisch zu Hause sprachen. Sie konnten bestimmt polnisch verstehen oder manche auch polnisch reden, aber miteinander haben sie sich meistens schon auf deutsch verständigt. Viele masurische Familien hatten kein männliches Mitglied. Sie waren im Krieg gefallen oder schon weit weg in Deutschland . Die masurischen Frauen waren alleine mit ihren Kinder. Sie suchten oft einen neuen Mann.
Solche Frau war bei den Kurpien sehr gefragt. Sie war ordentlich, fleißig, hatte eine meistens gute und gepflegte Landwirtschaft. Mit der Zeit kam es zur Gründung gemeinsamer Familien, was auch als „Eisbrecher“ betrachtet werden kann!
Die Jahre vergingen und langsam vergaß man den grausamen Krieg. Die Bewohner von Kurpie und Podlasie,die hierher kamen, haben aber sowieso die längste Zeit gebraucht,um sich in Masuren richtig einzuleben und sich mit diesem Land zu identifizieren. Die Nähe der alten Heimat hat bestimmt daran gestört.
Doch wie sagt ein bekanntes Sprichwort:“Die Zeit heilt alle Wunden“.
Seit dem Ende der fünziger Jahren gibt es immer weniger Konflikte. Die Masuren , die in die BRD auswandern , werden freundlich von ihren Nachbarn verabschiedet.
Die im Lande verbliebenen Masuren haben sich mit der neuen Bevölkerung in den letzten 60 Jahren vermischt.
Aktuelle Prozentzahlen im Vergleich zur Restbevölkerung gibt es nicht.
Die meisten kamen nach dem Krieg auf die Welt und die Abstammung ihrer Eltern oder ihren Großeltern spielt für sie keine Rolle mehr. Die junge Generation interessiert sich in der heutigen Zeit verständlicherweise nicht mehr dafür.
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